Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Billeb

01.03.2024 | Allgemein

Herr Bürgermeister, verehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates und aus der Verwaltung, liebe Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrte VertreterInnen der Medien!

„Neues Jahr neues Glück“ – so oder ähnlich könnte man die aktuelle Situation um die Aufstellung des Haushalts für das Jahr 2024 überschreiben! Aber, „Glück ist vergänglich“! Von daher würde ich uns gemeinsam empfehlen, dass vermeintliche Glück, nicht zu hoch zu bewerten.

Auch wenn

> das sog. „Schütt aus hol zurück – Verfahren“ und

> das 3. NKF Weiterentwicklungsgesetz

in diesem Jahr dazu verhelfen, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen, muss man doch näher hinschauen, was da eigentlich passiert! Das erstgenannte Verfahren entwickelt maßgeblich für das Haushaltsjahr 2024 einen signifikanten, buchungstechnischen Einmaleffekt bei den Finanzerträgen. Nur hierdurch wird es möglich, ein positives Jahresergebnis auszuweisen.

Wirklich besser steht der Haushalt dadurch keineswegs dar!

Das 3. NKF Weiterentwicklungsgesetz ist eine weitere Idee der Landesregierung und ich sage es an dieser Stelle ganz deutlich, dieses 3. NKF-Weiterentwicklungsgesetz von CDU und Grünen ist nach der sog. „Bilanzierungshilfe“ der nächste unsägliche Schritt der Landesregierung gegen die Kommunen! Diese werden mit ihren finanziellen Problemen allein gelassen indem Ihnen lediglich über eine Aufweichung des Haushaltsrechts die Möglichkeit eingeräumt, wenn nicht gar aufgegeben wird, die finanziellen Probleme auch fortan auf die nächsten Generationen zu verlagern.

„Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung löst nicht im Ansatz die finanziellen Probleme der NRW-Kommunen“, resümiert der Bund der Steuerzahler. Der Vizepräsident Eberhard Kanski bringt es auf den Punkt: „Bilanzierungstricks helfen den Kommunen nicht. Anstatt das Haushaltsrecht zu verändern und die finanziellen Probleme der Kommunen in die Zukunft zu verschieben, sollte die Landesregierung für eine adäquate Finanzausstattung der Kommunen sorgen“. Und das Institut der Rechnungsprüfer stößt in das gleiche Horn und weist in seiner Stellungnahme zum 3. NKF Weiterentwicklungsgesetz zu Recht darauf hin, dass die Neuregelung es den Kommunen u. a. ermöglicht, trotz Haushaltssicherung zusätzliche Kredite aufzunehmen.

Die bestehende Unterfinanzierung der Kommunen werde dadurch verschleiert und in die Zukunft verschoben, was in Bezug auf die Generationengerechtigkeit „sehr problematisch“ sei. Genau das ist es aber, was die Landesregierung aus CDU und Grünen will:

  • Abweichen von den bewährten Regeln im Hinblick auf die Verpflichtung, ein Haushaltssicherungskonzept  aufzustellen
  • Lockerungen in der Haushaltssicherung
  • Verschleiern der wahren Finanzsituation der Kommunen

Einziges Ziel ist die Vermeidung einer Vielzahl notwendiger Haushaltssicherungskonzepte. Diese werden durch neuerliche Bilanztrickserein aber lediglich aufgeschoben und das macht das wahre Ziel dieser Landesregierung deutlich: Auf Zeit spielen und die Kommunen ruhig stellen, um die Kommunal- und Landtagswahlen zu überstehen! Das ist mies und unverantwortlich!

Glück fühlt sich jedenfalls anders an! Leider hilft uns diese Erkenntnis vor Ort nicht weiter! WIR müssen mit dem leben, was rechtlich möglich und vorgegeben ist. Verwaltung und Politik müssen mit dem Geld der Steuerzahler verantwortungsbewusst umgehen und damit komme ich zum vorgelegten Haushaltsentwurf.

Vorab ein herzliches Dankeschön der SPD-Fraktion an den Kämmerer Dr. Andrè Jethon für die Initiative zu „Lünen steuert gegen“ und ein ebenso großes Dankeschön an Herrn Greb und sein Team für die viele Arbeit rund um die Aufstellung des Haushalts. Ich schließe in diesen Dank die weiteren Beigeordneten ein, die an der Optionsliste konstruktiv mitgewirkt haben sowie die Beschäftigten der Verwaltung, die tagtäglich mit dabei sind, engagiert und mit hohem Einsatz für das Lünen von morgen zu arbeiten, eigene Ideen einbringen und politische Beschlüsse umsetzen.

Die realen Rahmenbedingungen vor Ort haben sich im Vergleich zu meiner letzten Haushaltrede nicht wesentlich geändert,

> wachsende Kredite, steigende Zinslasten

> steigende Soziallasten

> hohe Arbeitslosigkeit

> schlechte Strukturdaten bei verfügbaren Einkommen u. Kaufkraft

und so weiter …

Wir wissen das alle und doch scheinen nicht alle die Zeichen der Zeit erkannt zu haben – in der Politik, aber auch in der Verwaltung! Bereits in meiner letzten Haushaltsrede hatte ich gefordert:

Konsolidieren, nicht kaputtsparen, Konsolidieren aus Generationenverantwortung und für einen gemeinsamen Kurs von Politik und Verwaltung geworben!

> sachgerechte Aufgabenkritik

> Interkommunale Zusammenarbeit wo immer möglich und

> eine vorbehaltlose und sachliche Einbindung unserer Töchter da wo es passt um die Kernverwaltung zu entlasten

Das waren auch damals bereits genannte Stichworte. Der vor uns liegende Haushalt weist einen Überschuss in Höhe von 2 Mio. Euro aus – das hört sich gut an, ist aber eben nur über das „Schütt aus hol zurück Verfahren“ möglich. Schon in den folgenden drei Jahren wandelt sich der Überschuss zum Defizit von fast 20 Mio. Euro/Jahr!

Wären da nicht die avisierten Änderungen des 3. NKF Weiterentwicklungsgesetzes, würden wir bereits mit dem Haushalt 2025 in die Haushaltssicherung rutschen – so bleibt es abzuwarten, wie die Kämmerei den Haushalt aufstellen wird.

Die SPD-Fraktion erwartet jedenfalls mit Blick auf die vielfach postulierte Generationengerechtigkeit kein dogmatisches Fortschreiben nach dem Willen der Landesregierung. Vielmehr erfordert die aktuelle Situation eine verantwortungsbewusste und transparente Haushaltspolitik. Fordern ist leicht, abwägen und entscheiden, wo Prioritäten zu setzen sind dagegen gar nicht! Bislang wird der Ernst der Haushaltslage in unserer Stadt jedenfalls noch nicht an jeder Stelle deutlich und doch gibt es in zahlreichen Bereichen Kritik und weitere Forderungen.

Mit der

> IGA und insbesondere dem IGA-Radweg gelingt es Dank Unterstützung des Bundes eine attraktive Radwegverbindung von Bergkamen über den Südosten der Stadt bis in die Innenstadt zu schaffen und die seit mehr als 30 Jahren brach liegende Viktoriafläche für die Allgemeinheit aufzuwerten

Auf einem guten Weg sind wir trotz der angespannten Haushaltssituation bei den Maßnahmen

> zur Vollversorgung der Stadt mit KiTa Plätzen,

> der Erneuerung aller Feuerwehrgerätehäuser

> dem Neubau von drei Schulen und

> der Schaffung von weiteren Plätzen in Offenen Ganztagsschulen.

Und doch verlangt der von der Politik beauftragte und vom

Kämmerer umgesetzte Konsolidierungsprozess von uns auch schmerzhafte Sparbeschlüsse.

Die Beigeordneten haben den Auftrag des Kämmerers, unterschiedliche Einsparvolumen im Gesamtumfang von 4 Mio. Euro in ihren Dezernaten zu definieren mehr als umgesetzt.

Uns wurde eine Optionsliste mit einem Volumen von ca. 5,3 Mio. Euro zur Beratung und Entscheidung vorgelegt. Was fällt in der Liste auf?

Die Sparvorschläge belasten im Wesentlichen die Stadtgesellschaft, d. h. Bürgerinnen und Bürger, Familien, Sportvereine und öffentliche Einrichtungen. Gespart werden soll auch bei der kommunalen Infrastruktur.

Die SPD-Fraktion wird die Sparvorschläge, die zu einer originären Mehrbelastung von Familien und Sportvereinen führen, nicht unterstützen, was wir in unserem Antrag „Wir steuern mit“, im Detail dargestellt haben. Dennoch möchte ich den Beigeordneten und ihren MitarbeiterInnen für die Vorschläge, deren Erarbeitung sicher nicht immer leicht war, danken! Sie haben ihre „Hausaufgaben“ gemacht!

Leider vermissen wir in dem Konsolidierungspaket Vorschläge zu einem Themenkomplex, den ich bereits im letzten Jahr angesprochen habe und der auch Bestandteil des Ratsbeschlusses vom 7.6.2023 war. Sie Herr Bürgermeister nehmen für sich doch das Recht der Organisationshoheit in Anspruch.

Sie sind es also, der strukturelle Überlegungen nach innen anstellen muss und über

> eine sachgerechte Aufgabenkritik,

> die Nutzung sämtlicher vertretbarer Potentiale für eine Interkommunale Zusammenarbeit und

> eine vorbehaltlose Einbindung der Konzerntöchter

Vorschläge machen muss, um bei der zweitgrößten Haushaltsposition, den Personalkosten, zu sparen.

Davon finden wir allerdings nichts in der Optionsliste und deshalb kann ich Ihnen nur sagen, „Setzen 6“ !

Aber, WIR werden Ihnen auch hier noch einmal weiterhelfen und Sie in diesem Jahr mit unserem Antrag konkret beauftragen. Mit den 23 zusätzlichen Stellen des vorgelegten Stellenplans ist der Personalkörper in ihrer Amtszeit um mehr als 250 Stellen angewachsen! Auch wenn das vielfach fremd beeinflusst ist, darf das nicht so weiter gehen! Aber, genug gespart! Die Haushaltssituation lässt ich ja auch durch höhere Einnahmen verbessern – auch darauf hatte ich im letzten Jahr bereits hingewiesen.

„Neben einer Reduzierung der Ausgaben halten wir aber zumindest mittelfristig auch eine Optimierung der Einnahmesituation für zwingend und zwar nicht nur über Steuererhöhungen,“ hatte ich damals gesagt!

Die Aktivierung von Wohnbau- und Gewerbeflächen ist hier ein praktikabler Schlüssel – leider vermissen wir bei Ihnen Herr Bürgermeister den Drive, in diesen Bereichen wirklich mit Vehemenz etwas nach vorne zu bringen.Mitmachen reicht da nicht aus!

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus Politik und Verwaltung, wenn wir es ernst meinen, ist das, was jetzt angestoßen ist ein steiniger Weg, der nicht jeden und jede zufrieden machen wird. Wir werden das Ziel nur gemeinsam erreichen, dazu bedarf es gegenseitiger Verbindlichkeiten, Zusammenarbeit und Vertrauen.

An dieser Stelle noch ein Appell an Sie Herr Bürgermeister und Ihren Verwaltungsvorstand. In der Not wird gerade der Zusammenhalt wichtig, auch der in der kommunalen Familie. Deshalb sollte ein enger Schulterschluss mit dem Kreis Unna in allen Themenkreisen selbstverständlich sein! Miteinander nicht gegeneinander, das zählt auch hier!

Wir wollen Lünen für die Lünerinnen und Lüner besser machen, deshalb werden wir dem Haushalt wie auch dem Stellenplan zustimmen. Das tun wir in diesem Jahr mit noch mehr Bauchschmerzen als im letzten. Für den Haushalt 2025 erwarten wir von Ihnen Herr Bürgermeister konkrete Vorschläge im Sinne unseres Antrages.

„Wir steuern mit“, ansonsten werden Sie auch uns bei einem notwendigen Haushaltsbeschluss verlieren!

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte Sie liebe Kolleginnen und Kollegen im Rat, lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen.

Glückauf